Außerordentlich heiße Eisen

Fünf Mitgliederversammlungen im letzten Jahr! Zählen wir die vom InteressenVerband Synchronschauspieler (IVS) dazu, der inzwischen mit dem BFFS verschmolzen ist, hatten wir sogar sieben. Und in diesem Jahr, am 27. Mai, findet nun schon wieder eine statt?

Ja! Und sie ist in mehrfacher Hinsicht außerordentlich. Denn wir haben einen außerordentlich großen Haufen von über 20 Mitgliedsanträgen abzuarbeiten. Die meisten von ihnen berühren außerordentlich heiße Eisen, die jetzt geschmiedet werden müssen. Und der Versammlungstermin an einem Montag scheint auf den ersten Blick auch außerordentlich. Aber dazu später mehr …

Was treibt uns so besonders um?

Unständigkeit

Die neue Abrechnungspraxis bei Dreharbeiten ist für viele Kolleginnen und Kollegen außerordentlich unerfreulich, ja, ein Schock. Nach den beiden höchstrichterlichen Urteilen des Bundessozialgerichts werden vor allem diejenigen von uns, die wenige Drehtage haben, von den Filmfirmen als Unständige behandelt. Das bedeutet: Sozial- und Steuerabzüge lassen die ohnehin nicht üppigen Gagen jetzt auf minimale Reste schmelzen. Davon können die Lücken zwischen den Engagements wirklich nicht mehr überbrückt werden. Vor allem nach Abzug der Agenturprovisionen. Und der „Knüller“: Das Mehr an Sozialabgaben bei der Unständigkeit bringt nicht ein Mehr, sondern das Aus für den Arbeitslosengeld-1-Anspruch. Andererseits könnte die Rente, von der sich die meisten von uns noch weit entfernt fühlen, später davon profitieren – wenn wir bis dahin durchhalten. Kein Wunder, die meisten Mitgliedsanträge melden Gesprächsbedarf zur Unständigkeit an.

Wie genau ist die rechtliche Lage? Wie positioniert sich unsere Gewerkschaft? Was kann und soll sie unternehmen gegenüber Politik, Produktionsfirmen und Agenturen? Viele Mitglieder verlangen Antworten auf diese Fragen und unser Verband braucht beim Handeln den Rückhalt der Mitglieder!

EU-Urheberrechtsrichtlinie

Noch vor kurzem spielten sich auf europäischer Ebene außerordentlich heftige Kämpfe zur Urheberrechtsrichtlinie ab, die noch unversöhnlicher in der deutschen Öffentlichkeit ausgetragen wurden.

Auf der einen Seite standen social-media-affine, meist junge Leute, die um die Freiheit des Internets fürchteten. Aber auch die weltweit agierenden digitalen Plattformgiganten wollten mit all ihrer Manipulationsmacht die europäische Urheberrechtsrichtlinie unbedingt zu Fall bringen. Sie sind in der seit Jahren eingespielten Praxis des Diebstahls geistigen Eigentums im Internet zwar nicht die Diebe, aber quasi die „Hehler“ und die eigentlichen Profiteure. Sie wollten kein europäisches Urheberrecht, das sie künftig zwingt, von diesem Profit etwas an die Urheber- und Künstlerseite abzugeben, oder das sie gar für den Diebstahl in Haftung nehmen könnte.

Auf der anderen Seite fühlte sich die viel kleinere Urheber- und Künstlerschar mit ihren Verbänden, Gewerkschaften und Verwertungsgesellschaften ein bisschen wie David gegen Goliath. Sie verlangte endlich ein Urheberrecht in Europa, das ihr geistiges Eigentum wirksam verteidigt und nicht vor der Übermacht internationaler Digitalkonzerne kapituliert.

Die Urheberrechtslinie hat sich auf EU-Ebene knapp durchgesetzt. Obwohl die meisten deutschen Politiker von links bis hin zur FDP sich dem Druck der Urheberechtsgegner beugten, die Richtlinie fallen und die Urheber- und Künstlerseite im Stich ließen. Nur die CDU/CSU sowie zwei Grüne hielten die Fahne des geistigen Eigentums aufrecht und die Mehrheit der Politiker der anderen Länder wie z. B Frankreich.

Auch unsere Schauspielengagements und -gagen sind auf ein zeitgemäßes Urheberrecht angewiesen. Darum war der BFFS fest an der Seite der anderen Künstler- und Urheberorganisationen, obwohl – zugegeben – sicher auch in unserem „bunten Haufen“ im Detail unterschiedliche Meinungen zur Durchsetzung des Urheberrechts herrschen.

Nun sind die Parlamente der EU-Staaten gehalten, innerhalb von zwei Jahren die EU-Richtlinie in ihr jeweiliges nationales Recht zu übersetzen – auch der Deutsche Bundestag. Die Auseinandersetzungen sind also noch nicht vorüber und zwei Jahre sind in der Politik nicht lang. Das heißt, unser BFFS muss ab sofort Einfluss nehmen. Unsere Mitglieder sind jetzt gefordert, abseits des bisherigen Kriegsgeschreis eine sachliche interne Diskussion zu führen, eine differenzierte Position zu entwickeln und letztendlich zu unterstützen.

Verhandlungen mit Privattheatern

Außerordentlich und durchaus erfreulich sind manche Signale aus der Privattheaterszene. Offensichtlich gibt es hier und da eine wachsende Bereitschaft, mit unserer Schauspielgewerkschaft über verbindliche Gagenregelungen zu sprechen. Nachdem unserem BFFS bereits im Film- und Fernsehbereich einige kollektive Gagenregelungen gelungen sind, er jüngst sogar im Synchronbereich die erste Folgevergütung durchsetzen konnte, wird es nun höchste Zeit, auch in der Theaterlandschaft Grundsteine zu legen.

Natürlich werden bei der Mitgliederversammlung noch zahlreiche andere Anträge behandelt. Aber gerade beim Schwerpunktthema Bühne sind besonders diejenigen Mitglieder gefragt, die an Privattheatern arbeiten. Vor allem aus ihrem Kreis kam immer wieder die Bitte, bei der Terminierung einer Mitgliederversammlung endlich einmal auf ihre besonderen Umstände Rücksicht zu nehmen. Sie waren bisher immer benachteiligt, weil sie bei allen terminlichen Unwägbarkeiten mit ziemlicher Sicherheit am Wochenende spielen müssen und da ganz bestimmt keine Mitgliederversammlung besuchen können. Wenn es überhaupt für sie einen freien Spieltag gibt, dann ist es der Montag, der sich deswegen übrigens auch als unser Stammtischtag etabliert hat.

Dieser Bitte unserer Bühnenkolleginnen und -kollegen soll diesmal außerordentlich herzlich entsprochen werden.

Also: Wir tagen an einem Montag, dem 27. Mai, pünktlich um 17:00 Uhr

im Tagungszentrum palisa.de im Umspannwerk Ost, Palisadenstraße 48, in 10243 Berlin.

Und wir freuen uns über zahlreiches Erscheinen, rege Beteiligung sowie konstruktives Miteinander.

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